Stromnetzausbau: Private Finanzierung ginge zulasten der Stromkunden
31.01.2025: Der Ausbau des deutschen Stromnetzes, ein zentraler Baustein der Energiewende, wird immense Investitionen erfordern. Bis 2045 könnten sich die Kosten auf 651 Milliarden Euro belaufen. Eine aktuelle Studie der Universität Mannheim, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, analysiert verschiedene Finanzierungsmodelle und zeigt auf, wie die soziale und wirtschaftliche Belastung für Haushalte und Unternehmen minimiert werden kann.
Geringe Steigung der Netzentgelte bei staatlicher Finanzierung
Im ersten und bevorzugten Szenario würde der Staat über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder eine neue Infrastrukturgesellschaft Kapital bereitstellen und sich mehrheitlich an den Netzbetreibern beteiligen. Durch die niedrigen Zinsen, die der Staat am Kapitalmarkt zahlen muss, sowie die gemeinwohlorientierte Ausrichtung der öffentlichen Hand könnten die Netzentgelte lediglich um 1,7 Cent pro Kilowattstunde steigen.
Dies wäre sozialverträglich und würde die Energiewende finanzierbar machen, ohne Wirtschaft und Haushalte übermäßig zu belasten. Selbst bei den hohen Investitionssummen blieben die zusätzlichen Kosten für Verbraucher überschaubar. Zudem wäre eine staatliche Finanzierung mit der Schuldenbremse vereinbar, da die Beteiligungen an den Netzbetreibern als werthaltige Vermögenswerte gelten und nicht auf die Verschuldungsgrenze angerechnet würden.
Private Invasoren ließen Kosten für Netzentgelte in die Höhe schnellen
Ein zweites Szenario, bei dem private Investoren Eigenkapital bereitstellen, würde die Netzentgelte hingegen um 3 Cent pro Kilowattstunde erhöhen. Private Geldgeber verlangen höhere Renditen von bis zu 9 Prozent, was die Kosten für die Stromkunden deutlich steigen lässt.
Die Autoren der Studie kritisieren, dass private Investoren zudem häufig staatliche Garantien fordern, was ökonomisch widersprüchlich sei. Die zusätzlichen finanziellen Belastungen würden jährlich bis zu 14 Milliarden Euro betragen – Gelder, die in die Gewinne internationaler Investoren fließen würden, statt die Energiewende zu fördern.
Selbstfinanzierung der Netzbetreiber teuerste Option für Endkunden
Noch teurer wäre die dritte Option: die vollständige Selbstfinanzierung der Netzbetreiber. Sowohl Eigen- als auch Fremdkapital würden in dieser Konstellation nicht aufgenommen. Diese müsste durch eine sofortige Verdopplung der Netzentgelte um 7,5 Cent pro Kilowattstunde erfolgen, um die erforderlichen Investitionen zu decken.
Solch drastische Kostensteigerungen wären kurzfristig kaum tragbar und würden soziale sowie wirtschaftliche Verwerfungen nach sich ziehen. Zwar würden die Netzentgelte nach Abschluss der Investitionsphase im Jahr 2045 wieder sinken, doch die finanzielle Belastung bis dahin wäre für viele Haushalte und Unternehmen eine erhebliche Herausforderung und für viele kaum zu stemmen.
Staatlicher Ausbau fördert sozialverträgliche Energiewende
Die deutsche Bundesregierung und die Länder planen, das Stromnetz in den kommenden Jahren um insgesamt 14.000 Kilometer neuer Trassen zu erweitern. Ziel ist es, den im windreichen Norden erzeugten Strom effizient in den Süden und Westen des Landes zu transportieren.
Diese Erweiterung ist notwendig, um den grenzüberschreitenden Stromhandel innerhalb Europas zu fördern, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Damit soll eine stabile Energieversorgung sichergestellt und der Ausbau erneuerbarer Energien weiter unterstützt werden.
Die Studie zeigt, dass eine staatliche Finanzierung des Netzausbaus die sozial und ökonomisch nachhaltigste Lösung darstellt. Während privatwirtschaftliche Modelle oder die Eigenfinanzierung erhebliche Nachteile mit sich bringen, ermöglicht die öffentliche Hand eine langfristig tragfähige und gerechte Verteilung der Kosten.
Die Autoren betonen, dass der Staat eine aktive Rolle beim Ausbau essenzieller Infrastrukturprojekte spielen muss, um die Energiewende erfolgreich und sozialverträglich zu gestalten.