Solardachziegel: Fraunhofer ISE und Freesuns starten Pilotproduktion
12.05.2025: In Freiburg arbeitet das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit dem Schweizer Unternehmen Freesuns an einer neuen Generation gebäudeintegrierter Photovoltaik. Im Fokus stehen Solardachziegel, die Solarstromproduktion direkt in die Dachstruktur einbinden – ohne separate Module. Die Dachziegel basieren auf einer innovativen Matrix-Schindeltechnologie, die eine besonders dichte Zellanordnung ermöglicht und damit Effizienz und Design in Einklang bringt.
Im EU-geförderten Projekt SPHINX wurde dafür im „Module-TEC“ des Fraunhofer ISE eine flexible Pilotlinie aufgebaut. Diese erlaubt es, kleine Serien unter industrienahen Bedingungen herzustellen und unterschiedliche Varianten schnell zu testen. Seit März 2025 sind bereits rund 800 Module gefertigt worden, insgesamt sind 4.000 vorgesehen.
Technik mit Mehrwert: effizient, flexibel, anpassbar
Herzstück der neuen Ziegel ist ein Glas-Glas-Modul, das hocheffiziente TOPCon-Zellen in überlappender Schindelanordnung enthält. Diese Zellstreifen werden mit elektrisch leitfähigen, bleifreien Klebstoffen verbunden und anschließend im sogenannten Matrixmuster versetzt angeordnet. Durch diese Struktur kann die Modulfläche vollständig und homogen genutzt werden – ein entscheidender Vorteil gegenüber herkömmlichen Halbzellenmodulen, bei denen Zellzwischenräume oft ungenutzt bleiben.
Laut dem Fraunhofer ISE ermöglicht diese Technik nicht nur eine rund vier Prozent höhere Effizienz, sondern auch eine deutlich bessere Verschattungstoleranz: Bei Teilabschattung kann der Strom innerhalb der Zellmatrix alternative Wege nehmen, was die Leistungsfähigkeit im Vergleich zu herkömmlicher Verdrahtung deutlich erhöht.
Die flexible Fertigung in Freiburg ist dabei mehr als nur ein Testlauf. Sie dient als technische Basis, um die Dachziegel fit für den Markt zu machen. Die ersten realen Anwendungen finden bereits statt. In der Schweiz werden derzeit fünf Dächer mit den neuen Modulen ausgestattet. Für Freesuns bietet die enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ISE die Möglichkeit, Design und Produktion eng aufeinander abzustimmen und die Technologie praxisnah weiterzuentwickeln. Die Ziegel messen rund 450 × 510 Millimeter und lassen sich farblich flexibel gestalten, um sich verschiedenen Dachdesigns einzufügen.
Produktentwicklung mit Blick auf anspruchsvolle Bestandsbauten
Ein zentrales Ziel der Projektpartner ist es, eine Lösung zu schaffen, die sich besonders gut in bestehende Gebäude integrieren lässt – insbesondere, wenn hohe gestalterische oder regulatorische Anforderungen bestehen. Dabei liegt der Fokus klar auf der Anwendung in Bestandsbauten und denkmalgeschützten Objekten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten machen sie zu einer attraktiven Option, wenn herkömmliche Solarmodule aufgrund ihrer Optik oder Bauweise nicht in Frage kommen.
Freesuns-CTO John Morello betont die Bedeutung der gemeinsamen Arbeit in der Pilotphase: Die Produktion im Module-TEC ermögliche es, das volle Potenzial der Matrix-Technologie zu demonstrieren und gleichzeitig die Fertigungsprozesse gezielt weiterzuentwickeln. Die modulare Bauweise der Solarelemente eröffnet laut Projektteam zudem vielfältige Einsatzmöglichkeiten – etwa auch in Fassaden oder als halbtransparente Elemente.
Gebäudeintegrierte Photovoltaik im europäischen Fokus
Das Projekt SPHINX („Sustainable Photovoltaics Integration in buildings and Infrastructure for multiple applications“) vereint Hersteller und Forschungseinrichtungen aus mehreren Ländern. Ziel ist es, standardisierte, kostengünstige Lösungen für die Integration von Photovoltaik in Gebäudeteile zu schaffen.
Die Matrix-Schindeltechnologie bietet dafür eine vielversprechende Grundlage – sowohl für Dächer als auch für andere architektonische Elemente. Damit wird der Einsatz von Photovoltaik künftig für viele Bestandsgebäude noch attraktiver, denn die bekannte Optik bleibt damit künftig erhalten. Denkmalgeschützte Gebäude könnten so zum Beispiel langfristig mit moderner Technik nachgerüstet werden.
Bild: © Fraunhofer ISE/Foto: Sophia Bächle