Solaranlage auf Stadiondach: Ärger für Borussia Dortmund
04.04.2025: Borussia Dortmund plant Großes: Auf dem Dach des SIGNAL IDUNA PARK soll bis Sommer 2025 die weltweit größte Photovoltaikanlage auf einem Stadion entstehen. Über 11.000 sogenannte Full-Black-Module von JA Solar sollen dafür installiert werden. Gemeinsam mit dem Energiekonzern RWE will der BVB so rund 4,2 Megawatt Leistung generieren und jährlich etwa 1.800 Tonnen CO₂ einsparen. Der erzeugte Strom soll vor allem dem Eigenverbrauch dienen – bis zu 1.000 Spiele könnten damit unter Flutlicht ausgetragen werden.
Doch was als ökologisches Vorzeigeprojekt angekündigt wurde, gerät zunehmend in die Kritik. Der European Solar Manufacturing Council (ESMC), ein Verband europäischer Photovoltaikhersteller, fordert in einem offenen Brief an die Clubführung den sofortigen Stopp der Zusammenarbeit mit dem chinesischen Hersteller JA Solar.
Offener Brief vom eigenen Fan: Menschenrechte statt Modulleistung
Verfasser des offenen Briefes ist Carsten Rohr, Co-Vorsitzender des ESMC – und bekennender BVB-Fan aus Dortmund. Seine Botschaft an Geschäftsführer Carsten Cramer ist unmissverständlich: Der Club solle sich seiner ethischen Verantwortung stellen und sich von JA Solar distanzieren. Als Grund führt Rohr unter anderem Vorwürfe an, wonach JA Solar indirekt mit Zwangsarbeit in der chinesischen Region Xinjiang in Verbindung stehen soll. In den USA steht der Hersteller deshalb bereits seit geraumer Zeit auf einer schwarzen Liste, die Importbeschränkungen nach sich zieht.
Mit der Entscheidung für JA Solar riskiert Borussia Dortmund, mit einem Unternehmen zusammenzuarbeiten, dem Verstrickungen in Praktiken nachgesagt werden, die grundlegenden Werten wie Fairness, Integrität und Menschenwürde widersprechen – also genau jenen Prinzipien, für die der Verein eigentlich stehen möchte, heißt es in dem Schreiben. Zur weiteren Brisanz des Falls trägt laut Rohr bei, dass chinesische Unternehmen durch staatliche Subventionen und problematische Produktionsbedingungen europäische Hersteller vom Markt verdrängt hätten. Der Appell lautet: Der BVB solle mit europäischen Unternehmen kooperieren und damit ein Zeichen für nachhaltige und faire Energieproduktion setzen.
Symbolwirkung für faire Energiewende gefordert
Laut ESMC gibt es genügend europäische Anbieter, die technologisch auf Augenhöhe und ethisch unbedenklich seien. Eine Entscheidung für europäische Solartechnik wäre nicht nur ein Gewinn für die europäische Industriepolitik, sondern auch für das Image des Vereins. Eine Stadion-Solaranlage „Made in Europe“ hätte eine klare Symbolwirkung für eine gerechte Energiewende, so die Argumentation des Verbands.
Die Diskussion erinnert an einen früheren Fall: Bereits im Jahr zuvor war der BVB wegen eines Sponsoringvertrags mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall in die Schlagzeilen geraten. Auch damals warfen Fans und zivilgesellschaftliche Organisationen dem Verein vor, seine ethischen Grundsätze zu vernachlässigen. Der aktuelle Streit um die Herkunft der Solarmodule reiht sich damit in eine Reihe öffentlicher Debatten um das Werteverständnis des Fußballklubs ein.
BVB bleibt vorerst bei seiner Entscheidung
Trotz der Kritik hält Borussia Dortmund bislang an der Partnerschaft mit JA Solar fest. Geschäftsführer Carsten Cramer betont die langfristige Ausrichtung des Projekts und die Bedeutung nachhaltiger Technologie. Auch JA Solar zeigt sich stolz über die Zusammenarbeit. „Unsere Beteiligung ist ein Bekenntnis zum europäischen Markt“, so Henning Schulze, Vizepräsident des Unternehmens.
Ob der Verein den öffentlichen Druck und den Appell seines eigenen Fans zum Anlass nimmt, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken, bleibt offen. Sicher ist: Nachhaltigkeit bedeutet für viele längst mehr als nur CO₂-Vermeidung – es geht auch um faire Produktionsbedingungen und transparente Lieferketten. Gerade bei einem Prestigeprojekt wie diesem.
Foto: SIGNAL IDUMA PARK Dortmund (Nutzer: Arne Müseler/www.arne-mueseler.com; Lizenz: Wikipedia CC BY-SA 3.0)