Merz-Regierung verpasst EU-Frist: Droht der Verlust von 5,3 Milliarden Euro?
02.07.2025: Ab 2027 wird das Heizen mit fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas deutlich teurer. Grund dafür ist das neue EU-Emissionshandelssystem ETS-II, das dann in Kraft tritt. Es sieht eine verpflichtende Bepreisung von CO₂-Emissionen im Gebäude- und Verkehrssektor vor. Verbraucher müssen sich auf spürbare Mehrkosten einstellen – besonders einkommensschwache Haushalte könnten dadurch erheblich belastet werden.
Um soziale Härten abzufedern, hat die Europäische Union einen Klima-Sozialfonds eingerichtet. Dieser soll Menschen und Betriebe unterstützen, die besonders stark unter den Folgen der CO₂-Bepreisung leiden. Die Auszahlung der Gelder ist jedoch an klare Bedingungen geknüpft: Die Mitgliedstaaten müssen bis zum 30. Juni 2025 einen detaillierten Klima-Sozialplan vorlegen. Deutschland hat diese Frist verpasst.
Versäumte Frist stellt Bundesregierung vor Herausforderungen
Das Bundesumweltministerium bestätigte bereits, dass die Einreichung nicht fristgerecht erfolgt ist. Die Regierung unter Führung von Friedrich Merz (CDU) arbeite derzeit an entsprechenden Vorschlägen. Doch ob diese von der EU noch berücksichtigt werden, ist fraglich. Die verspätete Reaktion könnte dazu führen, dass Deutschland keinen Zugriff auf die geplanten Milliardenhilfen bekommt.
Dabei geht es um sehr viel Geld: Der Fonds ist mit rund 65 Milliarden Euro ausgestattet und soll zwischen 2026 und 2032 verteilt werden. Finanziert wird er durch Einnahmen aus dem ETS-II – konkret durch den Verkauf von CO₂-Zertifikaten, die Brennstofflieferanten ersteigern müssen. Die Mittel sollen dann gezielt an bedürftige Haushalte und kleinere Unternehmen weitergeleitet werden.
Soziale Chancengleichheit in Gefahr – Kritik von Verbänden und Landespolitikern
Angesichts des Fristversäumnisses wächst die Kritik. Winfried Hermann, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, warnte frühzeitig vor den Konsequenzen. Sollten die Gelder aus dem EU-Fonds ausbleiben, wäre das „ein Eigentor“, erklärte er. Vor allem Menschen mit geringem Einkommen, die stark auf Auto und Heizung angewiesen sind, benötigen staatliche Unterstützung. Ohne gezielte Ausgleichsmaßnahmen droht eine soziale Spaltung beim Klimaschutz.
Auch der Paritätische Gesamtverband äußerte sich besorgt. Gemeinsam mit 14 weiteren Organisationen legte er einen Fünf-Punkte-Plan vor, der die soziale Ausgestaltung der ETS-II-Einführung sichern soll. Darin wird betont, dass Klimaschutz ohne soziale Abfederung nicht gelingen kann. Besonders wichtig sei es, einkommensschwache Gruppen gezielt zu entlasten – etwa durch gestaffelte Förderprogramme oder ein Klimageld, das nach sozialen Kriterien ausgezahlt wird.
Wie ein wirksamer Klima-Sozialplan aussehen müsste
Ein effektiver Klima-Sozialplan müsste laut Experten mehrere Komponenten enthalten: gezielte Zuschüsse für vulnerable Gruppen, Förderprogramme für soziale Einrichtungen sowie Investitionen in klimafreundliche Infrastruktur. Gleichzeitig müsse der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs massiv vorangetrieben werden, um bezahlbare Alternativen zum Auto zu schaffen. Auch energetische Sanierungen im Gebäudebereich sollten verstärkt gefördert werden, um Heizkosten zu senken und CO₂-Emissionen zu reduzieren.
Ein weiterer Vorschlag ist die Einführung einer „Klimakomponente“ beim Wohngeld. Diese soll steigende Energiekosten in den Regelsätzen der Grundsicherung berücksichtigen. Denn wer ohnehin wenig zum Leben hat, kann zusätzliche Kosten durch CO₂-Preise nicht ausgleichen. Ohne diese Korrekturen würde sich soziale Ungleichheit durch die Klimapolitik noch verschärfen.
Klimaschutz braucht soziale Gerechtigkeit – der Handlungsdruck steigt
Deutschland ist für fast ein Viertel der ETS-II-relevanten Emissionen in der EU verantwortlich. Das macht deutlich, wie wichtig eine ambitionierte und gleichzeitig faire Klimapolitik ist. Ein zügiger Umbau der Sektoren Verkehr und Gebäude ist dringend notwendig, um sowohl ökologische als auch soziale Ziele zu erreichen. Doch ohne einen wirksamen Klima-Sozialplan droht genau das Gegenteil: steigende Preise, gesellschaftliche Spaltung und der Verlust dringend benötigter EU-Mittel.
Die Bundesregierung steht nun in der Pflicht, schnell und entschlossen zu handeln. Ein verspäteter, aber durchdachter Klima-Sozialplan könnte möglicherweise noch berücksichtigt werden – allerdings nur, wenn er konkrete Maßnahmen enthält und soziale Aspekte in den Mittelpunkt stellt. Die Zeit drängt. Ein weiteres Zögern gefährdet nicht nur das Vertrauen in die Politik, sondern auch den sozialen Frieden in Zeiten der ökologischen Transformation.