Industrielle Wärmeversorgung: Solarthermie gewinnt wirtschaftlich an Bedeutung

Chemische Industrie Labor12.06.2025: In der deutschen Industrie wächst der Druck, den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren. Neben steigenden Preisen für Erdgas und Öl rücken auch zukünftige CO₂-Kosten stärker in den Fokus. Ab dem Jahr 2027 tritt mit dem ETS2 (Emissionshandel für Gebäude und Verkehr) ein neues europäisches System in Kraft, das CO₂-Emissionen zusätzlich verteuert. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Solarthermie zunehmend an Attraktivität – sowohl aus ökologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht.

Eine aktuelle Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zeigt, dass solare Prozesswärme in der Industrie nicht nur technisch realisierbar, sondern auch finanziell vorteilhaft ist. Die Studie wurde im Auftrag des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) durchgeführt und beleuchtet Potenziale und Wirtschaftlichkeit von Solarthermieanlagen für industrielle Anwendungen.

Wirtschaftliche Vorteile durch Kombination aus Technik und Förderung

Die Ergebnisse sind deutlich: In nahezu allen untersuchten Fällen ist der Einsatz von Solarthermie zur Deckung eines Teils des Prozesswärmebedarfs günstiger als der rein fossile Betrieb. Insbesondere dann, wenn Fördermittel aus der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) genutzt werden, amortisieren sich die Anlagen innerhalb von drei bis acht Jahren. Je nach Standort, Temperaturanforderung und Systemauslegung lassen sich über die Lebensdauer der Anlagen erhebliche Einsparungen erzielen.

So verdeutlicht ein Beispiel aus Würzburg: Eine dort installierte Parabolrinnen-Anlage mit einer Leistung von 34 Megawatt und einem Speicher für 20 Volllaststunden amortisiert sich laut Studie bereits nach fünfeinhalb Jahren. Bei einer erwarteten Betriebsdauer von 20 Jahren ergeben sich daraus wirtschaftliche Vorteile in Höhe von über 40 Millionen Euro. Berücksichtigt man den heutigen Wert dieser Einsparung, liegt der Nutzen bei rund 25 Millionen Euro – trotz anfänglicher Investitionskosten von 12,6 Millionen Euro.

Neue Rahmenbedingungen durch ETS2 stärken Solarthermie zusätzlich

Ein zentraler Aspekt, der die Wirtschaftlichkeit solarer Prozesswärme künftig noch weiter verbessern dürfte, ist die Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf neue Sektoren ab 2027. Der ETS2 wird dazu führen, dass CO₂-intensive Prozesse deutlich teurer werden – insbesondere für Unternehmen, die noch stark auf fossile Brennstoffe angewiesen sind. Dies betrifft besonders die industrielle Wärmeerzeugung, die aktuell zu großen Teilen durch Erdgas gedeckt wird.

Durch den ETS2 werden auch kleinere und mittelständische Betriebe stärker mit CO₂-Kosten belastet. Solarthermische Systeme bieten hier eine stabile und planbare Alternative, um diesen Preisschwankungen zu entgehen. Die Fraunhofer-Studie hebt hervor, dass insbesondere bei einem Solaranteil von bis zu 50 Prozent an der Wärmeerzeugung klare wirtschaftliche Vorteile entstehen – vor allem bei Temperaturen bis 400 °C, wie sie häufig in der chemischen Industrie oder bei Lebensmittelerzeugung benötigt werden.

Technologieeinsatz individuell planbar und anpassbar

Die Studie basiert auf über 6.000 simulierten Systemkonfigurationen, die verschiedene klimatische Bedingungen, Kollektortechnologien und Wärmespeicher-Optionen berücksichtigen. Diese große Bandbreite zeigt, dass Solarthermie-Anlagen flexibel auf unterschiedliche industrielle Anforderungen zugeschnitten werden können. Die eingesetzten Systemsimulationen berücksichtigen zudem realistische Erdgaspreise, prognostizierte CO₂-Abgaben sowie bestehende und zukünftige Fördermöglichkeiten.

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar, betont, dass die neue Untersuchung weit verbreitete Vorurteile gegenüber Solarthermie in Deutschland entkräftet: „Die Vorstellung, dass Solarwärme in gemäßigten Breitengraden nicht rentabel sei, ist nicht mehr haltbar. Durch intelligente Planung und gezielte Förderung können Unternehmen in eine wettbewerbsfähige und klimafreundliche Wärmeversorgung investieren.“

Solarthermie als Schlüsseltechnologie der Wärmewende

Die Studie des Fraunhofer ISE zeigt deutlich, dass Solarthermie ein tragfähiger Baustein für die Dekarbonisierung der Industrie ist. In Verbindung mit dem kommenden ETS2 und einer zunehmenden politischen Unterstützung durch Förderprogramme ergibt sich ein günstiges Marktumfeld für Investitionen in solarthermische Systeme. Für Unternehmen, die ihre Energieversorgung langfristig sichern und gleichzeitig CO₂-Kosten vermeiden wollen, bietet Solarthermie eine planbare und zukunftsfähige Lösung.

d.

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