Batteriespeicher: Netzbetreiber kämpfen mit Flut an Speicheranfragen
01.09.2025: Die Zahl der beantragten Netzanschlüsse für große Batteriespeicher steigt in Deutschland weiter rasant. Nach jüngsten Erhebungen der Plattform „Regelleistung-Online“ summieren sich die gemeldeten Anfragen inzwischen auf deutlich mehr als 500 Gigawatt. Damit hat sich der Wert innerhalb weniger Monate erneut stark erhöht. Fachleute betonen jedoch, dass diese Zahlen kein realistisches Bild des Markthochlaufs zeichnen, sondern in erster Linie auf ein unausgereiftes Genehmigungssystem zurückzuführen sind.
Schon Anfang des Jahres war von einem regelrechten „Batterie-Tsunami“ die Rede, weil bei Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern Anfragen in nie gekanntem Ausmaß eingingen. Damals war von gut 340 Gigawatt die Rede, nun liegen die Meldungen nochmals deutlich höher. Allein bei sieben angefragten Netzbetreibern belaufen sich die Zahlen auf über 470 Gigawatt. Die Dunkelziffer dürfte aufgrund der Vielzahl kleinerer Verteilnetzbetreiber noch größer sein.
Unausgeglichenes Bild bei Netzbetreibern
Unter den vier Übertragungsnetzbetreibern ist die Lage unterschiedlich verteilt. Während 50Hertz mit über 100 Gigawatt die meisten Anfragen registrierte, folgen Amprion mit knapp 90 Gigawatt sowie Tennet und Transnet BW mit deutlich geringeren Summen. Zusammengenommen ergibt sich daraus ein Wert von rund 259 Gigawatt, weitere 211 Gigawatt entfallen auf Verteilnetzbetreiber wie Edis, Westnetz und Mitnetz.
Diese enorme Menge an Anträgen ist laut Experten aber nicht gleichbedeutend mit einer realistischen Ausbauprognose. Vielmehr seien die Regeln für den Netzanschluss derzeit so ausgestaltet, dass Projektierer massenhaft Anträge stellen, um sich frühzeitig Kapazitäten zu sichern – unabhängig davon, ob die Projekte später umgesetzt werden können.
Fehlanreize und Reformbedarf
Kritisiert wird insbesondere das Prinzip „first come, first served“. Wer zuerst beantragt, hat die besten Chancen auf einen Anschluss, auch wenn die Erfolgsaussichten gering sind. Hinzu kommen unzureichende Vorprüfungen und hoher Verwaltungsaufwand. Das Ergebnis ist ein Antragsstau, der weder Investoren noch Netzbetreibern Planungssicherheit gibt.
Verschiedene Reformideen liegen längst auf dem Tisch: vorgeschlagen werden digitale Vorprüfungen, bundesweit einheitliche Online-Portale, klare Regeln für Reservierungsgebühren sowie flexible Netzentgelte, die netzdienliches Verhalten von Speichern belohnen. Auch Auktionen oder eine Priorisierung nach Reifegrad und Standort könnten helfen, um tragfähige Projekte schneller ans Netz zu bringen.
Mieterstrom treibt Nachfrage nach Speichern
Während bei großen Batteriespeichern viele Projekte in der Warteschleife hängen, wächst im Mieterstrombereich das Interesse an Speicherlösungen zunehmend. In immer mehr Mehrfamilienhäusern werden Photovoltaikanlagen installiert, deren Strom direkt an die Bewohner weitergegeben wird. Damit solche Modelle attraktiv sind, braucht es Batteriesysteme, die Überschüsse zwischenspeichern und eine bessere Eigenversorgung ermöglichen.
Im Einfamilienhaus ist die Kombination aus Solaranlage und Speicher längst Realität, im Mietwohnungsbereich dagegen steckt sie noch in den Anfängen. Doch die wachsende Zahl an Mieterstromprojekten zeigt, dass sich hier ein Markt entwickelt, der künftig stark an Bedeutung gewinnen dürfte. Dezentrale Speicher in Mehrparteienhäusern könnten nicht nur die Stromkosten der Mieter senken, sondern auch die lokalen Netze entlasten und die Integration erneuerbarer Energien voranbringen.
Ob und wann die vorgeschlagenen Reformen umgesetzt werden, ist offen. Netzbetreiber experimentieren derweil mit eigenen Ansätzen, etwa Machbarkeitsprüfungen oder Wartelisten nach Projektfortschritt. Klar ist jedoch: Ohne grundlegende Änderungen droht das Netzanschlussverfahren ein Flaschenhals für den dringend benötigten Speicherausbau zu bleiben. Die Dynamik in Mieterstromprojekten zeigt indes, dass Speichertechnologien in Deutschland längst angekommen sind – von der Großanlage bis zum Mehrfamilienhaus.