Gaskraftwerke: Reiches Ziel in weiter Ferne, Bürger favorisieren andere Lösungen
27.10.2025: Nach einem Jahrzehnt stetigen Aufschwungs steht die europäische Solarbranche vor einer Trendwende. Erstmals seit 2015 sinkt die Zahl der Arbeitsplätze – ein deutliches Warnsignal für einen Sektor, der als zentraler Baustein der Energiewende gilt. Laut dem aktuellen „EU Solar Jobs Report 2025“ von SolarPower Europe wird die Beschäftigung bis Ende dieses Jahres um rund fünf Prozent auf etwa 825.000 Stellen zurückgehen. Noch 2024 war die Branche mit 865.000 Beschäftigten ein Paradebeispiel für grünes Wachstum in der EU.
Während das vergangene Jahr von Optimismus geprägt war, hat sich das Marktumfeld seither deutlich eingetrübt. Das Wachstum bei Solaranlagen stagniert, insbesondere im Segment der privaten Dachinstallationen, das bislang den Großteil der Beschäftigung sicherte. Auch auf der Produktionsseite geraten europäische Hersteller zunehmend unter Druck. Ein globaler Preiswettbewerb, fallende Margen und steigende Finanzierungskosten setzen ihnen zu.
Installation verliert an Bedeutung – Fertigung im Umbruch
Etwa 86 Prozent aller Solarbeschäftigten in Europa waren 2024 im Bereich Installation und Montage tätig. Doch genau dort zeigen sich nun die größten Einbrüche: Der Ausbau von Solardächern wächst rund 1,5 Prozentpunkte langsamer als im Vorjahr. Der Anteil der Installationsjobs ist in nur drei Jahren von 73 auf 59 Prozent gefallen und dürfte bis 2029 weiter auf 56 Prozent sinken.
Parallel dazu verschärft sich die Lage in der Produktion. Hersteller wie SMA Solar Technology oder Meyer Burger kämpfen mit sinkender Nachfrage und Überkapazitäten auf dem Weltmarkt. SMA hat ein Sparprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro angekündigt und will bis 2026 350 Arbeitsplätze streichen, davon 300 in Deutschland. Der insolvente Modulproduzent Meyer Burger hat bereits mehreren hundert Beschäftigten gekündigt. Diese Beispiele verdeutlichen, wie empfindlich Europas Solarindustrie auf globale Marktverwerfungen reagiert.
Nationale Unterschiede und politische Herausforderungen
Trotz der Schwierigkeiten bleibt Deutschland das Land mit den meisten Beschäftigten in der Solarbranche, gefolgt von Spanien und Italien. Während Spanien mit großflächigen Solarparks punktet, setzt Italien zunehmend auf eine Mischung aus großen und mittelgroßen Projekten und dürfte laut Prognosen bis 2029 zu den führenden Solarmärkten Europas zählen. Polen hingegen verliert an Dynamik – insbesondere aufgrund des Einbruchs im Segment der Kleinanlagen auf privaten Dächern.
Branchenverbände verweisen auf die Notwendigkeit einer abgestimmten europäischen Industriepolitik, um den Binnenmarkt für Solarprodukte zu stärken und faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Dazu zählen Maßnahmen zur Sicherung von Produktionskapazitäten, technologischem Know-how und qualifizierten Arbeitskräften innerhalb der EU. Nur so könne Europa seine Dekarbonisierungsziele und eine langfristig stabile Beschäftigung erreichen.
Fachkräftemangel bleibt Engpassfaktor
Neben wirtschaftlichen Risiken droht ein strukturelles Problem: der Mangel an qualifizierten Fachkräften. Betriebe in nahezu allen EU-Staaten melden Engpässe bei Elektrikern, Dachdeckern und Ingenieuren. Trotz Initiativen wie der Europäischen Solarakademie fehlt es an umfassender Förderung, Ausbildungsprogrammen und finanzieller Unterstützung. Ohne gezielte Bildungsstrategien könnte der Personalmangel die Energiewende weiter bremsen.
Langfristig bleibt der Verband jedoch optimistisch. Ab 2026 erwartet SolarPower Europe eine Erholung des Marktes – bis 2029 sollen wieder mehr als 900.000 Arbeitsplätze entstehen. Die magische Grenze von einer Million Solarbeschäftigten rückt zwar in die Ferne, doch mit konsequenter Industriepolitik und besserer Ausbildung könnte Europa den Rückschlag in eine Chance verwandeln.